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Göttinger Appell zu den Kommunalfinanzen

Seit 2010, aber im Jahr 2014/15 immer noch aktuell und unterstützenswert!

Die Kommunen werden die Finanzkrise nicht "wegsparen" können! Notwendig ist eine Korrektur auf der Einnahmenseite!

Das sogenannte Haushaltssicherungskonzept der Stadt Göttingen scheint zwar auf den ersten Blick tiefgreifende Einschnitte bei Kultur und Sozialem zu vermeiden. Es ist aber nur der erste Schritt an Kürzungen, dem offenbar in den nächsten Jahren weitere folgen sollen. Außerdem hängen von Zahlungen der Stadt auch ergänzende Mittel des Landes, des Bundes und anderer Geldgeber ab, so dass die Folgen der Einschnitte doch schärfer sind, als sie auf den ersten Blick erscheinen. Wir lehnen diese Kürzungen grundsätzlich ab. Sie leisten einen weiteren Beitrag zur allgemeinen bundesweiten Tendenz: Die Masseneinkommen werden weiter fallen und die Infrastruktur unseres Staates wird massiv reduziert, öffentliche Daseinsvorsorge soll weiter privatisiert werden. Diese Entwicklung muss aber gebremst werden. Damit der Staat wieder als Sozialstaat handlungsfähig wird, muss er hohe Einkommen, Vermögen und Unternehmen wieder angemessen besteuern. Wir fordern, dass entsprechende Maßnahmen sehr bald eingeleitet werden, und lehnen daher jegliche Kürzungen bei Kultur, Sozialem, Umwelt und Bildung ab.

Die Probleme der Staatsverschuldung und der defizitären öffentlichen Kassen werden auf kommunaler Ebene durch wegbrechende Gewerbesteuern noch verstärkt. Sie sind durch die Wirtschafts- und Finanzkrise entstanden und können auf gar keinen Fall mit Einsparungen gelöst werden. Notwendig ist eine deutliche Korrektur auf der Einnahmenseite. Sie muss und wird früher oder später kommen. Die jetzt beabsichtigten Einsparungen im öffentlichen Sektor zögern sie unnötig heraus. Korrekturen auf der Einnahmenseite waren auch in vergangenen Zeiten die erfolgreiche Antwort auf tiefgreifende Krisen: Im Jahr 1949 führte die Regierung Adenauer einen Spitzensteuersatz von 95 Prozent ein. In den USA wurde als Antwort auf die Weltwirtschaftskrise, die 1929 begann, ab dem Jahr 1933 der Spitzensteuersatz von 24 auf zum Schluss 91 Prozent angehoben. Wir fordern zur Bekämpfung der katastrophalen Krisenfolgen für hohe Einkommen und Vermögen ein Steuerniveau wiedereinzuführen, wie es noch vor 20 Jahren in der Bundesrepublik Deutschland bestand:

Wir fordern, dass die Stadt Göttingen, wie auch andere Kommunen und deren Kommunale Spitzenverbände auf die Bundesländer und den Bund Einfluss nehmen, um die Politik der Kürzungen zulasten der Kommunen zu stoppen! Die Kommunen und die sie tragenden Bürgerinnen und Bürger dürfen nicht zum Spielball von global agierenden Finanzjongleuren und ihnen dienenden politischen Rahmenbedingungen werden! Die genannten Maßnahmen stellen Minimalforderungen dar. Nur so kann der öffentliche Sektor durch eine gerechtere Belastung der Steuerpflichtigen und eine gerechtere Verteilung der öffentlichen Mittel seine Fähigkeit zur Selbstverwaltung erhalten und seine Handlungsfähigkeit zurück gewinnen!